Rechtsnews
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Zum Thema Erbrecht
- Keine absolute Gewissheit: Bei Echtheitsprüfung von handschriftlichem Testament entscheidet brauchbarer Grad an Gewissheit
- Schlappe für Vermieterin: Konsulatsvertrag von 1929 führt zur Unzuständigkeit des Nachlassgerichts
- Trotz Schließfachverwahrung: Testament ist durch mittiges Durchreißen wirksam widerrufen worden
- Urkunde ohne Unterschrift: Notarielle Unterschrift auf Urkundenumschlag heilt Mangel und macht Erbvertrag dennoch wirksam
- Zeichnung statt Unterschrift: Fehlt die Dokumentation des letzten ernstlichen Willens, ist privatschriftliches Testament unwirksam
Ein handschriftliches Testament setzt zu seiner Formwirksamkeit voraus, dass dieses vollständig handschriftlich erstellt worden ist. Im Fall des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) stritten sich die Brüder des Erblassers mit der als Erben eingesetzten Lebensgefährtin um genau dieses Formerfordernis.
Der Erblasser errichtete im Jahr 2018 ein Schriftstück, das mit "Testament Mein letzter Wille" überschrieben, vollständig handschriftlich erstellt und mit Datum versehen war und den handschriftlichen Namenszug des Erblassers enthielt. In diesem Schriftstück setzte der Erblasser seine Lebensgefährtin sowie deren Sohn als Erben ein. Nach Einholung eines Schriftvergleichsgutachtens erteilte das Nachlassgericht den beantragten Erbschein zugunsten der Lebensgefährtin sowie von deren Sohn. Hiergegen richtete sich die Beschwerde der Brüder. Diese stellten nach wie vor die Echtheit des Testaments in Frage und unterstellten der Erbin, die in der Vergangenheit Schreibarbeiten für den Erblasser erledigt hatte, dass diese möglicherweise nicht nur das Testament, sondern auch die dem Gutachten zugrundeliegenden Vergleichstexte erstellt habe.
Das OLG wies die Beschwerde zurück. Maßgeblich für die Entscheidung sei es, dass das Gericht von der Echtheit und der Eigenhändigkeit der Erklärung überzeugt sei. Im Rahmen einer Echtheitsprüfung sei keine absolute Gewissheit im naturwissenschaftlichen Sinne erforderlich. Ausreichend sei vielmehr ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit, der Zweifel ausschließe. Hierfür erfülle das Sachverständigengutachten alle Anforderungen. Anhaltspunkte, die weitere Ermittlungen durch das Gericht hätten erforderlich machen können, lagen nicht vor. Insbesondere können die pauschalen Hinweise auf eine mögliche Fälschung Zweifel an der Echtheit des Testaments nicht begründen.
Hinweis: Im Erbscheinsverfahren wird die Gültigkeit eines Testaments von Amts wegen geprüft.
Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 05.05.2025 - 3 W 80/24
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(aus: Ausgabe 07/2025)
Eine Nachlasspflegschaft kann dann angeordnet werden, wenn der Nachlass in besonderen Situationen gesichert oder verwaltet werden muss - insbesondere, wenn unklar ist, wer Erbe geworden ist. Dass das Mittel der Nachlasspflegschaft jedoch nicht immer zum Ziel führt, musste die Vermieterin einer im Jahr 2023 verstorbenen Erblasserin vor dem Oberlandesgericht München (OLG) feststellen.
Die Erblasserin, eine türkische Staatsangehörige mit letztem Wohnsitz in München, verstarb im Jahr 2023. Sowohl die Kinder als auch der Enkel schlugen die Erbschaft aus. Die ehemalige Vermieterin der Erblasserin beantragte daher mehrfach die Anordnung einer Nachlasspflegschaft, da die Wohnung nach dem Tod der Erblasserin mehrere Monate leer stand und keine Räumung erfolgen konnte. Das türkische Generalkonsulat in München hatte dem Nachlassgericht mitgeteilt, dass es unter Bezugnahme auf einen Konsularvertrag zwischen der Türkischen Republik und dem Deutschen Reich aus dem Jahr 1929 die Regelung des beweglichen Nachlasses übernehme. Trotz mehrfacher Aufforderungen durch das Nachlassgericht erklärte das Konsulat keine Freigabe des Nachlasses. Das Amtsgericht München wies daraufhin die Anträge der Vermieterin zurück und begründete dies mit einer Unzuständigkeit des Nachlassgerichts.
Die von der Vermieterin hiergegen eingelegte Beschwerde blieb vor dem OLG erfolglos. Denn laut Konsulatsvertrag von 1929 hat der türkische Konsul das Recht, die Regelung des beweglichen Nachlasses türkischer Staatsangehöriger zu übernehmen. Sobald das Konsulat dies erklärt hat, geht die Zuständigkeit für alle Maßnahmen auf eben dieses Konsulat über. Dies umfasst insbesondere die Ergreifung von Maßnahmen im Interesse der Erben sowie alle Maßnahmen zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen. Der Vorrang des Konsulatsvertrags führt dann zur Unzuständigkeit des deutschen Nachlassgerichts.
Hinweis: Eine Zuständigkeit des Nachlassgerichts kann erst dann wieder entstehen, wenn das Konsulat die Nachlasssache freigibt. Mietrechtliche Ansprüche der Vermieterin müssen auf dem Zivilrechtsweg geltend gemacht werden.
Quelle: OLG München, Beschl. v. 07.05.2025 - 33 Wx 337/24 e
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(aus: Ausgabe 07/2025)
Ein Testament kann dadurch widerrufen werden, dass der Erblasser die Testamentsurkunde vernichtet. Ob sich hieran etwas ändert, wenn der Erblasser ein Testament zwar zerreißt, dieses zerrissene Testament jedoch weiterhin in seinem Schließfach verwahrt, beschäftigte im Folgenden sowohl die (möglichen) Erben als auch schließlich das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG).
Der Erblasser war zweimal verheiratet und kinderlos geblieben. Nach seinem Tod beantragte dessen Ehefrau unter Berufung auf die gesetzliche Erbfolge einen gemeinschaftlichen Erbschein. Später wurde im Bankschließfach des Erblassers ein handschriftliches Testament aus dem Jahr 2011 gefunden, laut dem ein langjähriger Freund des Erblassers Alleinerbe werden solle. Obwohl dieses Testament in zwei Hälften zerrissen worden war, beantragte der Freund des Erblassers die Einziehung des ausgestellten Erbscheins.
Sowohl das Nachlassgericht als auch das OLG wiesen diesen Antrag jedoch zurück. Das mittige Zerreißen des Testaments sei eindeutig eine Vernichtung des Dokuments. Die unregelmäßigen Trennränder waren ein deutliches Anzeichen für ein manuelles Zerreißen und nicht für eine versehentliche Beschädigung. Hierdurch werde gesetzlich vermutet, dass der Erblasser beim Zerreißen die Absicht hatte, das Testament zu widerrufen. Diese gesetzliche Vermutung konnte in diesem Fall auch nicht widerlegt werden. Allein aus der Aufbewahrung des Dokuments in dem Bankschließfach könne nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, der Erblasser habe das Testament nicht vernichten wollen.
Hinweis: Die physische Zerstörung eines Testaments ist der offensichtliche Weg, ein Testament zu widerrufen. Daneben besteht auch die Möglichkeit, das Testament dadurch zu widerrufen, dass an der Testamentsurkunde Veränderungen vorgenommen werden, aus denen sich ergibt, dass das Testament aufgehoben werden soll.
Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 29.04.2025 - 21 W 26/25
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(aus: Ausgabe 07/2025)
Wird eine notarielle Urkunde nicht vom Notar unterschrieben, führt dies grundsätzlich zur Unwirksamkeit der Beurkundung. Ob sie dennoch wirksam sein kann, wenn sich die Urkunde in einem Umschlag befindet, auf dessen Verschluss der Notar eben jene notwendige Unterschrift geleistet hat, konnte kürzlich vom Hanseatischen Oberlandesgericht in Bremen (OLG) beantwortet werden.
Die Eheleute hatten gemeinsam mit ihren beiden Töchtern im Jahr 2012 eine notarielle Vereinbarung getroffen, in der sich die Eheleute gegenseitig zu Vorerben einsetzten, während die beiden Töchter zu gleichen Teilen als Nacherben vorgesehen waren. In der Urkunde wurde explizit festgehalten, dass diese Verfügungen als sogenannte vertragsmäßige Verfügungen gelten sollten. Darüber hinaus erklärten beide Töchter den Verzicht auf ihre Pflichtteilsansprüche. Diese Urkunde wurde von dem beurkundenden Notar selbst nicht unterzeichnet. Allerdings befand sich seine Unterschrift auf dem Umschlag, mit dem die Urkunde verschlossen wurde. Im Jahr 2021 errichteten die Eheleute ein gemeinschaftliches notarielles Testament und setzten sich - ohne Beteiligung der Töchter - wechselseitig zu Alleinerben ein. Nach dem Tod der Ehefrau im Jahr 2023 beantragte der Ehemann die Erteilung eines Alleinerbscheins. Diesen Antrag wies das Nachlassgericht aber mit der Begründung zurück, dass der Erbvertrag aus dem Jahr 2012 wirksam sei und aufgrund der Bindungswirkung nicht aufgehoben werden konnte.
Dieser Ansicht schloss sich auch das OLG an. Es stellte zunächst klar, dass die in dem Erbvertrag getroffenen Verfügungen mit erbvertraglicher Wirkung erfolgt seien. Aufgrund der ausdrücklichen Formulierung in dem Vertrag bliebe kein Raum für eine anderweitige Auslegung. Aus diesem Grund konnte aufgrund der Bindungswirkung der Erbvertrag auch nicht durch die spätere testamentarische Verfügung geändert werden. Der Mangel bei der Erstellung der Urkunde durch die fehlende Unterschrift des Notars sei dadurch geheilt worden, dass der Notar den Umschlag der Urkunde unterschrieben habe. Hierzu sei es im Übrigen nicht erforderlich, dass die Unterschrift zeitlich nach dem Verschließen des Umschlags erfolgen muss. Eine derartige Reihenfolge, die in der Praxis kaum festgestellt werden könne, lässt sich aus der Gesetzesbegründung nicht herleiten.
Hinweis: Zur Vermeidung von schwerwiegenden Konsequenzen aus formalen Fehlern kennt das Gesetz Heilungsmöglichkeiten, wie etwa die Unterschrift auf dem Umschlag oder die qualifizierte elektronische Signatur.
Quelle: Hanseatisches OLG in Bremen, Beschl. v. 09.05.2025 - 1 W 4/25
zum Thema: | Erbrecht |
(aus: Ausgabe 07/2025)
Privatschriftliche Testamente sind eigenhändig zu unterschreiben. Dass diese Unterschrift unter Umständen nicht lesbar ist, spielt zwar keine wesentliche Rolle. Dass man es dabei mit der künstlerischen Freiheit jedoch besser nicht übertreiben sollte, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts München (OLG). Denn dieses besteht zu Recht darauf, dass es sich auf die Ernsthaftigkeit des letzten Willens verlassen können muss.
Der Erblasser war in zweiter Ehe verheiratet und erstellte mit eben jener zweiten Ehefrau ein gemeinschaftliches Testament, das von der Ehefrau eigenhändig geschrieben und unterschrieben wurde. Der Erblasser selbst brachte am Ende des Textes lediglich eine Zeichnung an, die aus wolkenähnlichen Linien bestand, ohne angedeutete Buchstaben oder einen erkennbaren Schriftzug. Als die Witwe auf Grundlage dieses Dokuments die Erteilung eines Erbscheins beantragte, wies das Nachlassgericht diesen Antrag zurück.
Das OLG stimmte dieser Entscheidung zu und stellte dabei klar, dass eine Unterschrift der Identifikation des Erblassers und auch der Bekräftigung seines letzten Willens diene. Eine Unterschrift erfordert einen Schriftzug, der Buchstaben einer üblichen Schrift enthält, der individuelle Merkmale des Verfassers aufweist und aus denen sich insgesamt Rückschlüsse auf die Identität des Unterzeichners ergeben. Nicht erforderlich sei es hingegen, dass die Unterschrift lesbar ist. Hier kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die vom Erblasser angebrachten wolkenähnlichen Linien keine Andeutungen von Buchstaben aufwiesen und damit keinen Schriftzug darstellen. Selbst der Umstand, dass keine Zweifel an der Urheberschaft des Erblassers bestehen, änderten an der Auffassung des Gerichts nichts. Da die Unterschrift nicht nur die Urheberschaft bestätigen, sondern auch den ernstlichen Willen des Erblassers dokumentieren soll, fehle es in einem solchen Fall an der ausreichenden Dokumentation des letzten ernstlichen Willens.
Hinweis: Die fehlende Unterschrift führt zur Nichtigkeit des gesamten privatschriftlichen Testaments. Eine nachträgliche Heilung dieses Formmangels ist nicht möglich.
Quelle: OLG München, Beschl. v. 06.05.2025 - 33 Wx 289/24 e
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(aus: Ausgabe 07/2025)
Zum Thema Familienrecht
- "Utah-Ehe" per Videotelefonie: Ehe muss in der in Deutschland vorgeschriebenen Form geschlossen werden
- Keine anwaltsspezifische Tätigkeit: Zur Vergütung einer während der Corona-Pandemie telefonisch bestellten Ergänzungspflegerin
- Konkreter Unterstützungsbedarf: Betreuerbestellung ohne Kenntnis über Aufenthalt des Betroffenen möglich
- Patientenverfügung vernachlässigt: Der BGH urteilt zu zwangsweiser Heilbehandlung und Dauer der Unterbringung
- Versorgungsträger berücksichtigen: Ausgleich von geringfügigen Anrechten liegt im familiengerichtlichen Ermessen
Die Digitalisierung hat die Welt näher zusammengebracht und vieles vereinfacht. Dass dies aber nicht dazu führen darf, dass bei Rechtsgeschäften geltende Formvorschriften unterlaufen werden, zeigt der folgende Fall, der vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (VG) landete. Dabei ging es um eine Hochzeit per Videotelefonie von Deutschland aus in den amerikanischen Rechtskreis hinein.
Ein Türke und eine Bulgarin hatten nach dem Recht des US-Bundesstaats Utah von Deutschland aus eine Ehe geschlossen, und zwar per Videotelefonie. In Bulgarien wurde diese Ehe dann auch anerkannt - jedoch nicht in Deutschland. Dem Ehemann wurde daraufhin die Abschiebung angedroht und der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltskarte als Ehegatte einer EU-Bürgerin abgewiesen. Der Ehemann zog gegen diese Entscheidung und die Androhung vor Gericht.
Er scheiterte vor dem VG. Die Ehe kann nur in der in Deutschland vorgeschriebenen Form geschlossen werden. Videotelefonie ist hier zwar möglich, die Eheschließungserklärungen selbst müssen aber in Deutschland abgegeben werden. Hier schloss man die Ehe ja in Utah. Die Anerkennung in Bulgarien spielt für Deutschland keine Rolle, insbesondere ergibt sich hieraus keine Verpflichtung zur Anerkennung. Eine Pflicht zur Anerkennung kann sich ergeben, wenn ein EU-Bürger sein Familienleben anderenfalls innerhalb der EU nicht weiter fortsetzen kann. Das war hier aber nicht der Fall, da die beiden in Deutschland jederzeit nach den deutschen Vorschriften nochmals heiraten können. Darfür bestünden keine Hinderungsgründe.
Hinweis: Die technischen Möglichkeiten können auch Eheschließungen erleichtern. Allerdings sollte immer geprüft werden, ob die gewählte Form der Eheschließung auch im Wohnsitzland anerkannt wird. Denn sonst muss man sich die Mühe der Eheschließung unter Umständen doppelt machen.
Quelle: VG Düsseldorf, Beschl. v. 03.06.2025 - 27 K 5400/23
zum Thema: | Familienrecht |
(aus: Ausgabe 07/2025)
Die Corona-Pandemie ist überwunden, deren Rechtsfolgen noch nicht. Welche Vergütung steht zum Beispiel einem während der Pandemie telefonisch bestellten Ergänzungspfleger zu? Die Abrechnungsmodalitäten eines solchen Ausnahmefalls gingen im folgenden Fall bis vor den Bundesgerichtshof (BGH), der klären musste, wie eine Berufsbetreuerin zu vergüten sei.
Am 14.05.2019 ließen die Großeltern einen Schenkungs- und Übergabevertrag zur Übertragung von Grundeigentum auf die Enkelkinder beurkunden. Auf Seiten der Enkelkinder traten dabei deren Eltern auf. Für die ausstehende Genehmigung des Vertragsschlusses bestellte das zuständige Amtsgericht schließlich eine Ergänzungspflegerin für die Enkelkinder, bei der es sich um eine Berufsbetreuerin handelte. Die Verpflichtung erfolgte fernmündlich. Nachdem die Ergänzungspflegerin einige Punkte im Vertrag mit dem Notar erörtert hatte, genehmigte sie schließlich den Vertrag. Es bestünden keine Bedenken. Insbesondere ergab sich für die Enkelkinder keine Kostenlast, da der Vater die Übernahme etwaiger Kosten erklärt hatte. Später beantragte die Ergänzungspflegerin, ihre Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) festzusetzen, und errechnete rund 3.500 EUR bei einem Gegenstandswert von 260.000 EUR. Gegen diese Festsetzung richtete sich der Vater der Kinder.
Die Ergänzungspflegerin wurde nach Ansicht des BGH wirksam nach den damals geltenden Ausnahmeregelungen bestellt. Auch die Kosten wurden grundsätzlich wirksam festgesetzt. Die Vergütung des Ergänzungspflegers kann in Fällen wie dem vorliegenden auch gegen denjenigen festgesetzt werden, der sich zur Übernahme dieser Kosten vertraglich verpflichtet hat - in diesem Fall gegen den Vater. Allerdings konnte die Ergänzungspflegerin keine Kosten nach dem RVG geltend machen, denn dazu muss das Gericht bereits im Zusammenhang mit der Bestellung des Ergänzungspflegers aussprechen, dass dieser eine anwaltsspezifische Tätigkeit ausübt. Dies war hier nicht erfolgt.
Hinweis: Anwaltsgebühren nach dem RVG gibt es also nur für anwaltsspezifische Tätigkeiten. Werden diese bei der Bestellung der Ergänzungspfleger nicht festgestellt, sind nur Gebühren nach dem Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern möglich. Achten Sie hierauf, bevor Sie vorschnell eine Rechnung begleichen.
Quelle: BGH, Urt. v. 16.04.2025 - XII ZB 227/24
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(aus: Ausgabe 07/2025)
Eine Betreuung ohne Kenntnis des aktuellen Aufenthaltsorts eines Betreuten klingt zunächst absurd, da sie unmöglich erscheint. Und dennoch: Auch in Abwesenheit können für den Betreuten richtungsweisende positive Entscheidungen getroffen werden. In diesem Fall musste der Bundesgerichtshof (BGH) über die Bestellung eines Berufsbetreuers und die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts im Bereich der Vermögenssorge entscheiden.
Der Betroffene leidet an einer kognitiven Störung, die wahrscheinlich auf die beginnende Demenz zurückzuführen ist. Eine leichte Intelligenzminderung liegt ebenso vor. Der Mann drohte zu verwahrlosen. Im Jahr 2018 hatte der Mann einer nahestehenden Person eine umfassende notariell beurkundete Generalvollmacht erteilt. Trotzdem bestellte das zuständige Amtsgericht einen beruflichen Betreuer, unter anderem für Vermögenssachen. Ein Sachverständiger hatte dies nahegelegt. Ende 2023 widerrief der Betreuer die dem Vertrauten erteilte Vollmacht, so dass ein Einwilligungsvorbehalt für die Vermögenssorge angeordnet wurde. Bevollmächtigter und Betroffener legten Beschwerde ein und scheiterten. Der Rechtsbehelf wurde zurückgewiesen, ohne den Mann nochmal anzuhören. Denn dieser war am Heiligabend 2023 unter ungeklärten Umständen aus seiner Wohneinrichtung verschwunden und wird seitdem vermisst.
Der BGH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und betonte: Eine Betreuung ist nicht nur bei subjektiver Unfähigkeit des Betroffenen, seine Angelegenheiten selbst zu regeln, anzuordnen, sondern auch dann, wenn ein konkreter Unterstützungsbedarf besteht. Deshalb kann eine Betreuung auch angeordnet werden, wenn der Aufenthaltsort des zu Betreuenden derzeit unbekannt sei. Die Post, Behördengänge und weitere Tagesgeschäfte müssten schließlich trotzdem erledigt werden. Der angeordnete Einwilligungsvorbehalt sei schon deshalb notwendig, da dem Mann wegen seiner Krankheit und Persönlichkeitsstruktur eine konkrete massive Fremdbeeinflussung drohe. Dies könne sein Vermögen gefährden.
Hinweis: Bei der Betreuung geht es immer um das Wohl des Betroffenen. Insbesondere dessen Vermögen kann und muss auch in Abwesenheit geschützt werden. Deswegen kann auch eine Betreuung in Abwesenheit angeordnet werden.
Quelle: BGH, Beschl. v. 09.04.2025 - XII ZB 235/24
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(aus: Ausgabe 07/2025)
Die richtigen Entscheidungen für psychisch Erkrankte zu treffen, ist oft schwer. Man weiß nicht, ob man ihnen wirklich etwas Gutes tut oder in ihre Rechte eingreift, ohne eine ausreichende Grundlage dafür vorweisen zu können. Selbst Gerichte können bei dieser schwierigen Abwägung irren. Gut, dass es bei derlei Irrtümern den Bundesgerichtshof (BGH) gibt. Dieser urteilte im Folgenden für die Betroffene und gegen die Kollegen der Vorinstanz.
Eine an paranoider Schizophrenie leidende Frau war bereits mehrfach untergebracht worden. In der von ihr verfassten Patientenverfügung lehnte sie die Einnahme von Neuroleptika und Antidepressiva grundsätzlich ab. Ihre Betreuerin beantragte im September 2024 die Unterbringung, die Betroffene kam in eine geschützte Einrichtung. Die Betreuerin willigte zudem in eine ärztliche Zwangsmedikation ein - befristet bis zum 07.11.2024. Das Landgericht Dresden (LG) bestätigte die Unterbringung. Den Antrag der Betroffenen auf Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Wohnstätte lehnte es jedoch ab. Die Betroffene legte Beschwerde beim BGH ein.
Der BGH hob die Entscheidung des LG bezüglich der Unterbringung auf und stellte fest, dass die bereits abgelaufenen Zwangsbehandlungsmaßnahmen rechtswidrig gewesen seien. Nach Ansicht des BGH liegen die Voraussetzungen für eine Unterbringung zur Heilbehandlung nicht vor. Denn diese setze voraus, dass die Behandlung auch durchgeführt werden könne. Dies gehe nur über den natürlichen Willen des Betreuten zur Behandlung. Liegt dieser Wille nicht vor, müssen die Zwangsbehandlungen wirksam genehmigt werden. Das LG hatte diese nur bis zum 07.11.2024 genehmigt, dabei aber nicht ausreichend begründet, warum darüber hinaus noch Zwangsmaßnahmen durchgeführt werden können. Auch wurde die Patientenverfügung der Betroffenen nicht ausreichend beachtet. Man hatte sie wegen der Erkrankung der Betroffenen schlichtweg als unwirksam erachtet, ohne in eine genaue Prüfung zu gehen.
Hinweis: Auch bei psychisch erkrankten Menschen ist der in einer Patientenverfügung festgehaltene Wille zu beachten bzw. zu prüfen, ob die Betroffenen einsichtsfähig genug sind, in diesem Bereich wirksam für sich selbst zu entscheiden.
Quelle: BGH, Beschl. v. 05.02.2025 - XII ZB 547/24
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(aus: Ausgabe 07/2025)
Erklären Eheleute im Zuge ihrer Scheidung beim Versorgungsausgleich einvernehmlich, vom Ausgleich zweier geringfügiger Versorgungsanrechte abzusehen, dann ist es nur recht und billig, wenn das Familiengericht dem im Endeffekt folgt. Allerdings darf man dabei Versorgungsträger wie die Rentenversicherung nicht vergessen, wie der folgende Fall des Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLG) zeigt.
Die Eheleute hatten im Rahmen ihrer Scheidung auch den Versorgungsausgleich geregelt. Auf den Ausgleich zweier geringfügiger Anrechte verzichteten sie einvernehmlich. Sie ließen dies durch ihre Anwälte entsprechend erklären. Dem folgte das Familiengericht. Die Versorgungsträger richteten dagegen aber eine Rechtsbeschwerde.
Die Beschwerde war zwar auch nach Ansicht des OLG begründet, aber im Endeffekt gewannen die Versorgungsträger dadurch nichts. Denn das Gericht änderte den Beschluss dahingehend ab, dass die Anrechte zwar an sich auszugleichen wären, vom Ausgleich aber abgesehen wird. Das Familiengericht durfte dahingehend wegen der Geringfügigkeit der Ausgleichswerte eine Ermessensentscheidung ausüben. Bei der Ermessensentscheidung war auch die Entscheidung der Eheleute ausschlaggebend. Beide waren mit dem Absehen vom Ausgleich einverstanden. Im Endeffekt entspricht dies auch dem Interesse des Versorgungsträgers.
Hinweis: Verzichte sollten im Rahmen des Versorgungsausgleichs immer auch mit den Versorgungsträgern abgestimmt sein. Geht es um einen Ausgleich von höheren Werten, wird ein Verzicht nicht ohne die Zustimmung der Versorgungsträger möglich sein, da der Verzicht sonst zu deren Lasten gehen würde. Bei geringfügigen Werten ist die Sachlage anders, der Verzicht kommt günstiger als der Verwaltungsaufwand des Ausgleichs.
Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.03.2025 - 20 UF 6/25
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(aus: Ausgabe 07/2025)